In Familienaufstellungen zeigen sich immer wieder weit zurückreichende Verbindungen zu denen, die zum Beispiel im zweiten Weltkrieg fliehen mussten oder vorausschauend recht früh geflohen sind. Wir sind beim Thema Vertreibung und Flucht. Deren Eindrücke von der Vertreibung und Flucht, vom Leid, von Vergewaltigungen und Morden, von Leichen und Verwundeten leben anscheinend noch in vielen Sippen weiter. Diese kleinen und größeren Traumen wurden durch eigene Panikreaktionen und durch Verhaltensweisen von Generation zu Generation weitergegeben, ohne dass sie bisher wirkungsvoll gestoppt werden konnte.
Der Zweite Weltkrieg löst eine beispiellose Völkerwanderung in Europa aus. Millionen von Menschen sind auf der Flucht oder suchen eine neue Heimat. Vor der heranrückenden Roten Armee flüchten in den letzten Kriegswochen hunderttausende Deutsche nach Westen. Die rücksichtslose nationalsozialistische Durchhaltepolitik führt dazu, dass die Flucht hinausgeschoben wird und nun häufig inmitten von Kampfhandlungen des letzten Kriegswinters erfolgt.
Nach Kriegsende beginnt die Vertreibung der Deutschen aus Ost-, Mittel- und Südosteuropa. Ab 1946 folgen in Ausführung der Potsdamer Beschlüsse die großen “regulären” Vertriebenentransporte.
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Lösungsorientierte Familienaufstellungen in Schondorf bei München
Vertreibung und Flucht: Die Geschichte ist immer präsent
Nach meinem Eindruck leben sie vor allem da anhaltend weiter, wo nicht darüber gesprochen wurde und wird. Wo es Geheimnisse gibt. Geheimnisse aus Scham und Schuld, aus Dingen, die nicht sein durften und trotzdem passierten. Von Vergewaltigungen zum Beispiel, aus denen Kinder entstanden. Vom Zurücklassen-Müssen von Kranken, Gebrechlichen und Alten, die eine Flucht der Jungen vereitelt oder unmöglich gemacht hätten. Von den Schuldgefühlen, die daraus erwachsen sind. Von den Menschen, die ihre Heimat verlassen mussten, von den Häusern, Grundstücken und Lebenswerken, die verlassen wurden, um das eigene nackte Leben zu retten.
Viele Flüchtlinge und Nachkommen von Flüchtlingen können in ihrem Leben nicht voll präsent sein. Ihre Aufmerksamkeit richtet sich auf etwas fernes Unbekanntes. Beziehungen scheitern oder sind nur mäßig glücklich. Auch die Kinder aus diesen Beziehung leiden unter dieser Dynamik. Sie wollen ihren Eltern das geben was ihnen fehlt, weil sie sie lieben. Sie scheitern, da sie ihren Eltern nicht Sicherheit, Geborgenheit und Heimat zurückgeben können. Sie werden unfrei und es fehlt ihnen die Energie, ihr eigenes Leben zu meistern. Oft verlieren sie die Achtung vor ihren Eltern. Wenn Beziehungen scheitern, werden neue Beziehungen angefangen und scheitern wieder an derselben Problematik.
Ich erlebe es oft in Gesprächen über Vertreibung und Flucht, wie so etwas bei den Kindern und Enkelkindern nachwirkt. Die diese Trauer und Schwermut bei ihren Eltern und Großeltern erleben und erlebten. Dieses nicht darüber sprechen wollen und können. Die oft die Trauer und Schwermut auf sich bezogen. Und versuchten, die Traurigen aufzuheitern oder ihnen die Last abzunehmen, damit es ihnen besser geht. Und dann wieder die liebevollen Rituale in den Familienaufstellungen, wenn genau diese Verwandte in Form der Stellvertreter Abschied nehmen können. Oder anerkennen, dass das eigene Leben auch mit diesem Schicksal weitergegangen ist und meistens gut weitergegangen ist. Und dass daraus neues Leben erwachsen ist.
Und für die Nachkommen ist es beim Thema Vertreibung und Flucht oft entlastend zu sehen, zu dem die Trauer gehört und diese über Rituale dort zu lassen, wohin sie gehört.