Die von Martha Welch entwickelte Festhaltetherapie, die von Jirina Prekop ins Deutsche übertragen wurde, ist eine Form der Psychotherapie, bei der durch intensives aggressionsfreies Festhalten Bindungsstörungen aufgelöst werden sollen. Die Therapie wurde ursprünglich mit Unterstützung des Verhaltensforschers und Nobelpreisträgers Nikolaas Tinbergen für Kinder mit Bindungsstörungen entwickelt und wird heute von Prekop auch im Rahmen der Familientherapie bei Erwachsenen angewendet.
Festhaltetherapie: Zielgruppe
Die Therapie wurde für Menschen mit geistiger Behinderung, Autismus, Verhaltensauffälligkeiten oder psychischen Störungen entwickelt, bei denen angenommen wird, dass die Bearbeitung einer Bindungsstörung therapeutisch hilfreich ist.
Vorgehensweise
In der Festhaltetherapie sollen sich Erwachsene in gegenseitiger Umarmung solange in die Augen schauen und festhalten, bis in dieser Konfrontation zuerst schmerzliche Gefühle, aggressive Impulse oder Ängste auftauchen und ausgedrückt werden und dann solange bis sich die negativen Gefühle auflösen und das Festhalten zur liebevollen Umarmung wird. Kinder werden von einer engen Bezugsperson, selten auch von einem Therapeuten in einer Umarmung fest gehalten.
Der Therapeut soll dann den Ausdruck von auftauchenden Erregungsszuständen und Aggressionen unterstützen, indem er dazu ermuntert, sich “auszuschimpfen und auszuweinen” (Prekop 1992). Die Dauer des Festhaltens soll vom Prozess, ohne zeitliche Beschränkung, bestimmt werden und sollte in einer bequemen Lage stattfinden, meist im Sitzen oder Liegen. Idealer Weise soll der Prozess so lange dauern, bis sich die Erregung legt und sich eine Bereitschaft zum „freudigen Erleben der Zärtlichkeit“ einstellt.
Nach Prekop darf das Festhalten nicht zur Bestrafung oder Züchtigung angewendet werden und auch nicht von einer Bezugsperson, die auf das Verhalten des Kindes innerlich aggressiv oder ablehnend reagiert oder früher das Kind misshandelt hat.
Kritik
Die Methode gilt bei Kritikern als stark umstritten. Angeführt werden verschiedene Gründe, unter anderem wird den Anhängern der Methode eine Fehlinterpretation der Bezugsliteratur vorgeworfen. Der Bremer Erziehungswissenschaftler Georg Feuser meint, dass die Therapie auf irrationalen Annahmen und individuellen Erfahrungen ihrer Vertreter beruhe; sie stelle keine schlüssige therapeutische Konzeption dar und habe demzufolge keinerlei nachweisbaren therapeutischen Wert. Georg Theunissen konstatiert, hier trete ein „unreflektiertes statisches Denken zutage, das den geistig behinderten Menschen einzig und allein von seinen Mängeln her betrachte“ (Theunissen 2005).
Schließlich werden noch ethisch-humane Gründe angeführt: Die Methode beruhe auf der Anwendung von Gewalt und sei mit den Persönlichkeitsrechten des Therapierten nicht vereinbar. Zweifelhaft sei, wie ein „echter“ Dialog über gewaltsames Vorgehen erreicht werden könne.
Literatur
- Irina Prekop: “Festhalten und Festhaltetherapie”; in: Susanne Fikar: “Körperarbeit mit Behinderten”, 2. erw. Aufl., Wittwer Verlag, Stuttgart 1992
- Irina Prekop: “Der kleine Tyrann: welchen Halt brauchen Kinder?”. Vollst. Taschenbuchausg., 1. Aufl., Goldmann Verlag, München 2006
Weblinks
- GFH Gesellschaft zur Förderung des Festhaltens als Lebensform und Therapie e.V.
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